Toile de Jouy

Die Toile-de-Jouy

Die Toile-de-Jouy (französisch für Stoff aus Jouy, benannt nach dem ursprünglichen Herstellungsort Jouy-en-Josas in Frankreich) ein mit einem charakteristischem Dessin bedruckter Kattun (ein leichtes, aber dichtes Gewebe aus Baumwolle in Leinwandbindung),

wobei der Druck ursprünglich mittels gravierter Kupferplatten erfolgte.

Image

Die echte Toile wird sowohl durch das Druckverfahren als auch durch ihr charakteristisches Dessin bestimmt. Oberkampf war in Frankreich der erste, der Kattun mittels gravierter Kupferplatten bedruckte, was - eine genügend feine Oberflächenstruktur des Stoffes vorausgesetzt - es erlaubte, sehr feingliedrige und sehr anspruchsvolle Muster wie etwa detaillierte figurale oder florale Darstellungen zu drucken. Das Dessin der Toile-de-Jouy ist zweifarbig: auf weißen Stoff wird entweder rot - das ist die typische Farbstellung - oder blau gedruckt. Die Motive sind hoch subtile chinoise oder auch pastorale Szenen, die mit zahlreichen feinsten Ranken- und Blütenarrangements verbunden werden. Die Wirkung entspricht etwa der des typischen Chinaporzellans, wo hochfeine blaue (selten rote) Dekore auf weißen Grund aufgebracht werden. Es dürfte, neben der Verwendung der damals hochmodernen Motivthemen, gerade diese Wirkung gewesen sein, die der Toile-de-Jouy ihren durchschlagenden Erfolg verschaffte. Obschon es in Jouy selbst keine Textilindustie mehr gibt, werden heute zunehmend die Oberkampfschen Dessins wieder aufgelegt und finden Eingang sowohl in die Oberbekleidung als auch in die (Raum-)Dekoration.


Image

Ghetto-Chic für die eigenen vier Wände

Was auf den ersten Blick wirkt, wie die Dekormuster auf Omas Kaffee-Service ist auf den zweiten Blick bevölkert von weniger beschaulichen Szenen wie Shootings, vermüllten Vorstädten und Polizeiübergriffen. Diese Motive zeigen die Tapeten der Designer Timorous Beasties. Inspiriert von den Toile-de-Jouy-Baumwolltapeten, die im Frankreich des 18. Jahrhunderts, am Hof Ludwig des XIV. groß in Mode waren, drucken die beiden schottischen Designer Alistair McAuley und Paul Simmons in Glasgow ihre London- und Glasgow-Toile auf ganz traditionelle Weise.

Doch statt pittoresken Szenen aus dem 17. Jahrhundert zeigen ihre Tapeten Drogendealer, Arbeitslose, Straßenüberfalle und Szenen aus dem Alltag der englischen Trabantenvorstädte. Themen, mit denen sich sonst The Streets oder Hard-Fi in ihren Songtexten beschäftigen. Was auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich wirkt, ist auf den zweiten eigentlich gar nicht so abwegig, denn die Designer Timorous Beasties stehen mit ihren Motiven in einer langen Tradition. Was uns heute an den alten historischen Stofftapeten so malerisch erscheint, waren im 18. Jahrhundert zeitgenössische, oftmals recht derbe Szenen aus dem Alltag der französischen Bauern.
In Anlehnung an den führenden Vertreter der Arts&Crafts- Bewegung nennen die beiden Designer ihren Stil übrigens „William Morris on Acid“.